Aus der Arbeit des IAI

Entwicklungspfade und aktuelle Themen

Als das IAI Ende der 1980er Jahre seine Arbeit aufgenommen hat, war es noch unüblich, über Innovationen zu reden. Nicht, dass es keine Innovationen gegeben hätte, aber die Entstehungs- und Diffusionszusammenhänge waren weitgehend unbekannt. In der Praxis waren Innovationen – meist von Einzelpersonen getragen – irgendwie da und in der volkswirtschaftlichen Theorienbildung „fiel der technische Fortschritt vom Himmel“. Diese Forschungslücke hat das IAI vor mehr als 30 Jahren zum Anlass genommen, sich wissenschaftlich mit Innovationsprozessen auseinanderzusetzen und Beiträge zu ihrer Förderung zu erarbeiten.

Seitdem haben sich die Arbeitsschwerpunkte und das Forschungsprofil des IAI stetig weiterentwickelt. Ausgangspunkt waren dabei Analysen zur Diffusion der Mikroelektronik. Ausgehend von dem bis heute gültigen Befund, dass die Um- und Durchsetzung von Innovationen gegenüber dem Plan stark zeitverzögert abläuft und häufig hinter dem angestrebten Zielerreichungsgrad zurückbleibt, wurden hier auf der Basis einer Ursachenanalyse die real wirksamen Innovationsbarrieren strukturiert. Bei dem in späteren Projekten weiterentwickelten Analyseraster haben sich vier Hauptwiderstandsbereiche herausgeschält. Neben technisch, organisatorisch und extern bedingten Widerständen behindern insbesondere personell bedingte Widerstände die Umsetzung neuer Ideen und Lösungen. Entgegen dem gern gesetzten programmatischen Konsens zur Offenheit für Innovationen wird damit die Ambivalenz deutlich. Innovation wird als unerlässlich angesehen, wirkt aber eben auch als Störenfried. Liebgewordene Privilegien werden in Frage gestellt, eingefahrene Routinen aufgelöst und möglicherweise Kompetenzen entwertet, auf denen man seine derzeitige Position begründet. Doch es wäre zu kurz gegriffen, nur die Widerstandsebene bei den Mitarbeiter:innen zu sehen. Letztlich sind die Menschen die einzigen, die Ideen entwickeln und auch gegen Widerstände umsetzen können. Mit dieser initiativen Rolle hat sich das IAI auch in frühen Projekten auseinandergesetzt. Im Fokus standen dabei Erfinder, die vielfach den Idealtypus des kreativen Impulsgebers für Neues konturieren. Deutlich wurde in diesen Projekten, dass Ansätze des Managements von Innovationen Respekt vor diesen unterschiedlichen Rollen der Mitarbeiter:innen haben müssen. 

Aus der Erkenntnis, dass neben der aktivierenden auch regelmäßig eine retardierende Funktion von Mitarbeiter:innen beim Innovieren zum Tragen kommt, haben Folgeprojekte den Menschen in den Mittelpunkt gestellt. Ein früher Schwerpunkt lag dabei auf Ansätzen zur Steigerung der Innovationsfähigkeit. Zu der Zeit lag es dabei noch nahe, wenn es um die Entwicklung neuer Fähigkeiten zur Bewältigung geänderter Anforderungen ging, sich mit Weiterbildung auseinanderzusetzen. Relativ schnell wurde aber deutlich, dass Weiterbildung nur Teile individueller Lernprozesse abdecken kann. Innovationsfähigkeit ist eine Funktion von Wissen und Erfahrung. Aus verschiedenen Projekten, die die „qualifikationsseitige“ Gestaltung von Innovationsprozessen zum Gegenstand hatten, ist vor diesem Hintergrund das Bochumer Kompetenzmodell entstanden. Diese begriffliche Differenzierung hat dabei nicht nur akademischen Wert, sondern ist auch mit erheblichen praktischen Konsequenzen verbunden. Wenn Innovationsfähigkeit dominant auf Erfahrung basiert, sind Lernarrangements viel stärker in reale Handlungsvollzüge zu verlagern, ist die künstliche Trennung von Lernen und Arbeiten aufzuheben. Gerade beim Innovieren ist ein derartiges Vorgehen alternativlos, lassen sich hier doch – was klassische Formen der Weiterbildung voraussetzen – Qualifizierungsbedarfe im Vorfeld nicht bestimmen, da diese erst im Innovationsprozess entstehen. 

Parallel zu dieser Entwicklung zeichnete sich ab, dass nicht nur der Aufbau von individuellen Kompetenzen wichtig ist, sondern die Diagnose, dass Deutschland die Innovatoren ausgehen, befeuerte einen neuen Forschungszweig. Wie kann die personelle Basis für Innovationen gesichert werden? Die sich zyklisch wiederholende Fachkräftemangeldebatte wurde bis heute immer wieder aufgegriffen und mit bildungspolitischen Implikationen aufbereitet. Als ein Beitrag zur Überwindung der quantitativen und qualitativen Fachkräftebasis wurde das Thema dualer Studiengänge auf Bundes- und Landesebene stark protegiert und durch die Aufbereitung von „Good Cases“ einzelbetrieblich zugänglich gemacht. 

Angesichts der demografischen Entwicklung ist Anfang der 2000er Jahre eine weitere Facette von Kompetenzentwicklung in den Blick geraten. Bei Belegschaften, die zukünftig länger im Berufsleben stehen werden, geht es verstärkt darum, die Fitness für Innovationen sicherzustellen. Die zunehmende Entgrenzung von Arbeit und Freizeit aufgrund neuer Arbeitsformen, die sinkende Halbwertzeit stabiler organisatorischer Bedingungen in den Unternehmen, die steigende Verdichtung von Routinearbeit bei gleichzeitiger Intensivierung von Innovationsarbeit stellt erhebliche Anforderungen an die physische und psychische Leistungsfähigkeit. Bestehende Ansätze des klassischen Arbeits- und Gesundheitsschutzes erfassen die geänderten Anforderungen nur teilweise. Vor diesem Hintergrund sind neue Wege der Gesundheitsförderung erarbeitet und insbesondere auf die besonderen Bedingungen von Innovationsarbeit abgestimmt worden.


Entwicklung der Forschungsthemen am IAI